Die zahlreichen Facetten eines beeindruckenden Baumes
Während der Luftplankton auf Sardinien anfängt sich mit Zypressen-, Haselnuss-, Mimosen- und Birkengewächs zu verdichten, erwacht die Mandelblüte wie gewohnt auch dieses Jahr aus der Sommer-herbstlichen Stase in der sie dürr und trocken erscheint, um grüner denn je ins Leben zurückzukehren und so dem Winter eine farbliche Note zu verleihen und Sardinien in ein Blütenmeer zu verwandeln.
Um Zeugnis davon abzulegen wird eine beeindruckende Legende aus der griechischen Mythologie überliefert.
Nach dem Krieg von Troia und der Niederlage mit der Zerstörung des Reiches von Priamos, strandete Demophon von Athen, Sohn des Theseus und der Phaidra sowie der Bruder von Akamas, während seiner Rückreise in die Heimat am Strand von Thrakien. Der Schiffbrüchige wurde von Phyllis, Tochter des thrakischen Königs Sithon, empfangen die mit zarten 24 Jahren den Thron als Königin bestieg.
Zwischen der schönen Königin und dem Prinzen entfachte die Liebe, aber ihre idyllische Zweisamkeit wurde unterbrochen, als Demophon sich gezwungen sah wegen einer schweren politischen Lage in die Heimat aufzubrechen.
Bevor er jedoch aufbrach, gab der Prinz der wundervollen Phyllis das Versprechen, dass er bald wiederkommen würde, um ihre traumhafte Liebe mit einer Hochzeit zu krönen.
Als Demophon wieder in seiner Heimat antraf, musste er sich einer Reihe Problemen stellen, weswegen er sich gezwungen sah für eine lange Zeit nicht zurückkehren zu können.
Die schöne Phyllis fühlte sich betrogen und verlassen und nahm sich kurzerhand das Leben, aber die Götter hatten Mitgefühl mit ihrem unsagbarem Schmerz und verwandelten sie in einen ausgetrockneten Mandelbaum.
Als Demophon, der nie aufgehört hatte sie zu lieben, aus Thrakien zurückkehrte und von dem tragischen Tod seiner Angebeteten erfuhr, lief er so schnell er konnte zum Mandelbaum, um dessen kahlen Stamm zu umarmen.
Wie durch ein Wunder erblühten sogleich Blätter und Blüten.
Schon vor ca. 3000 Jahren verehrten die Phryger den Mandelbaum als heiligen Baum und im Verlauf der Jahrhunderte sprudelten die Legenden um diese Pflanze nur so hervor.
Nach der phrygischen Mythologie , zeugte Kybele (Göttin der Fruchtbarkeit) ihren Sohn Attis nachdem sie eine Mandel verschluckt hatte:
aufgrund dieser uralten Mythologie, symbolisiert die Mandel, frei von Blättern, mit ihrer frühreifen Blütezeit den Beginn des Lebens.
Von der Türkei aus kommend und Griechenland durchquerend erreichte der Kult um Kybele und Attis auch Rom.
Das war eine der Gründe weswegen auch „Marcus Porcius Cato der Ältere“ die Mandel „Nux greca“, die griechische Nuss nannte.
Ursprünglich aus Zentralasien kommend, ist der Mandelbaum, Prunus Amygdalus Communis, und der Familie der Rosengewächse zugehörend, auf Sardinien unter den Bezeichnungen „mendula, Medura, omendula“ bekannt.
Als Symbol der Exzellenz des mediteranen Frühlings blüht dieser Baum auf Sardinien in den letzten Jahren teilweise vorzeitig ab Ende Dezember.
Mit ihren weißen oder rosafarbenen Blüten, purpurnen Staubbeuteln und windblütigen, leicht allergenen Pollen repräsentiert die Mandelblütenzeit eine der schönsten Kreationen der Natur.
Es folgen die Früchte, die als sogenannte Steinfrüchte benannt werden und eine grüne, haarige Oberfläche besitzen. Gegen Ende des Sommers trocknet die äußere Wand der Frucht und löst sich, um den lederartigen Kern freizulegen, der unter seiner stechenden Oberfläche die Mandelsamen hütet.
Es gibt zwei Mandelarten, der süße Samen „Mendula ucci“ und der bittere Samen „mendula marigosa“.
Auch wenn sie sehr ähnlich sind, ist es besser mit Bedacht statt spontan zu pflücken da die bitteren Mandeln Amygdalin (griechischisch Amygdalis, Mandelkern) enthalten, eine Substanz die im Organismus Blausäure(HCN) freisetzt: ein potentes Gift, das auch in kleinen Mengen großen Schaden anrichten kann.
Diejenigen, die im Allgemeinen in der Ernährung, in den Kräuterläden (Erboristerie) und den Parfümerien genutzt werden sind die süßen Mandeln, während sich die Verwendung der Bittermandeln exklusiv auf die Pharmaindustrie beschränkt.
Der Mandelbaum ist auf Sardinien sehr verbreitet. Er stellt die Hauptzutat der kompletten, traditionellen Süßwarenindustrie wie Amaretti, Pan di sapa, Pabassinos und Bianchinis dar.
Auch auf dem Festland werden die Mandeln oft genutzt um Torrone, Eis, Konfekt, Marzipan, Likör und verschiedene Getränke herzustellen.
Aus den Mandeln gewinnt man auch Mandelöle und eine durstlöschende Milch die nicht nur als Nahrungsmittel sondern auch in der Kosmetologie genutzt wird.
Vorreiterin dieser Art von Nutzung war ohne Zweifel die letzte Königin Ägyptens, die sich in Mandelmilch zu baden pflegte.
Laut einer alten Inseltradition, fiel die Jahreszeit der Mandeln mit der Liebe zusammen da man bei der Gelegenheit gleich Liebeserklärungen aussprach oder gar heiratete. Man ging davon aus, dass die Blüte womöglich eine Art „Liebeselixir“ erzeugen könnte.
Bezeugen können wir das nicht, aber vielleicht ist es nicht ganz abwegig zu sagen dass man sich leicht in die Insel und dessen Mandelbäume verlieben kann:
Die traumhafte Landschaft bietet durch die zart rosanen Blüten eine besonders faszinierende und romantische Kulisse für einen gelungenen Sardinienurlaub.